Dies
mindert
allerdings nicht die Bedeutung von Bolyais unglaublicher Leistung.
Diese
besteht darin, dass Bolyai zwar ähnliche Wege wie manche
Vorgänger
gegangen war, aber im Gegensatz zu diesen die neue Geometrie für möglich
hielt. Auch die 1829 von Nikolai Ivanowitsch
Lobatschewski
veröffentlichte Abhandlung über nichteuklidische Geometrie
ändert
nichts an dieser Wertung. Weder Gauss noch Bolyai kannten Lobatschewskis
Veröffentlichung, da sie erst einmal nur auf Russisch im Kasaner
Boten publiziert worden war. Lobatschewskis
Versuch, ein breiteres Publikum zu erreichen, war nämlich
gescheitert,
da der Mathematiker Ostrogradski die Arbeit in einem Gutachten ablehnte.
So
ging
es Lobatschewski denn auch nicht besser als
Bolyai,
was die öffentliche Anerkennung seiner bedeutsamen Arbeit angeht.
Er publizierte 1840 seine 61seitigen
Geometrischen Untersuchungen
zur Theorie der Parallelen und erlebte es auch, dass ein
37seitiger Bericht darüber in französischer Sprache für
eine breitere Leserschaft in Crelles Journal zur Mathematik
erschien. Die Mathematikergemeinde war damals jedoch noch nicht reif
dafür,
derart revolutionäre Ideen zu akzeptieren.
In
seinem
Büchlein aus dem Jahr 1840 macht Lobatschewski klar, wie seine
nichteuklidische
Geometrie "funktioniert":
Alle
Geraden, die in einer Ebene von einem Punkt ausgehen, können
bezüglich
einer (nicht durch diesen Punkt gehenden) Geraden in zwei Klassen
geteilt werden - in schneidende und nichtschneidende. Die Grenzgeraden
dieser beiden Klassen sollen Parallelen
zur gegebenen Geraden genannt werden.
Die
erklärende Skizze dazu ist:

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Dies entspricht
dem Ersetzen
des fünften Postulats durch:
Lobatschewskisches
Parallelenpostulat:
Zu
einer gebenen Geraden und einem nicht darauf liegenden Punkt gibt es
zwei
Parallelen durch diesen Punkt.
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Lobatschewki
arbeitete weiter und leitete viele trigonometrische Beziehungen
für
Dreiecke her, die in seiner Geometrie gültig waren. Er zeigte
dabei,
dass sich die euklidischen Beziehungen als Grenzfall ergaben, wenn die
Dreieckseitenlängen alle gegen Null gehen.