Euklids fünftes Postulat ist c). Saccheri zeigte, dass die Stumpfwinkelhypothese das fünfte Postulat nach sich zieht, und erhielt damit für diesen Fall einen Widerspruch. Anschließend untersuchte Saccheri die Spitzwinkelhypothese und folgerte aus ihr viele Sätze der nichteuklidischen Geometrie ohne zu bemerken, was er da eigentlich "trieb". Es gelang ihm erst, einen Widerspruch aus der Spitzwinkelhypothese herzuleiten, als er die (unzulässige!) Annahme machte, dass es einen "unendlich fernen Punkt" gibt.

1766 verfolgte Johann Heinrich Lambert eine ähnliche Beweislinie wie Saccheri. Er verfiel jedoch nicht dem Trugschluss von Saccheri und untersuchte die Spitzwinkelhypothese ohne die Herleitung eines Widerspruchs. Lambert stellte fest, dass in einer solchen neuen Geometrie die Innenwinkelsumme eines Dreiecks mit kleiner werdendem Flächeninhalt des Dreiecks wächst.

Adrien-Marie Legendre (1752-1833) arbeitete 40 Jahre seine Lebens am Problem des Parallelenaxioms. Seine Resultate finden sich als Anhänge zu den verschiedenen Auflagen seines höchst erfolgreichen Buches Eléments de Géométrie. Legendre bewies, dass Euklids fünftes Postulat äquivalent ist zu:

Die Innenwinkelsumme im Dreieck ist gleich zwei rechten Winkeln.
Legendre zeigte wie schon Saccheri über 100 Jahre zuvor, das die Winkelsumme im Dreieck nicht größer als zwei Rechte sein kann. Wie Saccheri brauchte er dazu die Unendlichkeit von Geraden. Beim Versuch, die Unmöglichkeit einer Winkelsumme unter 180degrees zu beweisen, machte Legendre folgende  Annahme:

(L)     Durch jeden Punkt im Inneren eines Winkelfeldes kann man eine Gerade legen, die beide Schenkel trifft.

Dies ist wiederum nur ein Äquivalent zum Parallelenaxiom. Legendre bemerkte diesen Trugschluss nie.

Die Elementargeometrie wurde in diesen Jahren völlig von der Problematik des Parallelenaxioms überschattet. Jean Le Rond d'Alembert nannte dies 1767 den Skandal der Elementargeometrie.

    
 
vorherige Seite

nächste Seite